Achtung: Eine diesmal nur gering bebilderte, dafür aber umso textreichere Abhandlung!
Da ja leider mein Porsche 804 4-Zylinder-Prototyp zusammen mit dem Brabham BT3 in den Weiten der US-amerikanischen Prairie verschollen ist, war die Marke Porsche in meiner Sammlung von Formelrennern nicht mehr repräsentiert.
Dem galt es, Abhilfe zu schaffen.
Gleichzeitig ist mein lange Jahre eingesetzter Lotus 18, den Stirling Moss in Monaco fuhr, in der Rennklasse „Formelwagen 1957-1960“ des Vintage 32 Cup nicht mehr wirklich wettbewerbsfähig.
Weil ich hier noch eine Betta Classic-Karosse des Porsche 718 liegen hatte, lag es also nahe, als nächstes Slotcar einen Porsche 718 zu bauen.
Der Porsche 718 mit seiner etwas pummeligen Form war, wenn man die seinerzeit auf Mittellenkung umgebauten Porsche 718 RSK-Sportwagen einmal unberücksichtigt lässt, die 1958 in Formel-2-Rennen eingesetzt wurden, der erste Monoposto, der unter dem Signet Porsche an den Start ging. Dies geschah ab 1959, insofern passt er in die genannte Klasse der Vintage 32 Days
Im Jahr 1960 wurde Edgar Barth mit einem Porsche 718 mit der #24 hinter Hans Herrmann auf einem gleichartigen Porsche im GP von Monza Siebter. Allerdings war hier die Konkurrenz recht gering, da die englischen Teams dem Rennen aus Protest fern blieben.
Den Wagen von Edgar Barth mit grün lackierter Nase nahm ich mir zum Vorbild. Ich habe nur ein einziges Bild davon in den Weiten des Web gefunden, und, da ich mir zwar das Bild gespeichert, aber den Link nicht gemerkt habe, müsst Ihr auf das Bild leider verzichten.
Hier dafür ein Foto einer späteren Ausführung, das ich im Porsche-Museum aufgenommen habe:
Den Bau habe ich allerdings immer wieder aufgeschoben, bis letztlich das nächste Rennevent am Samstag, den 16.10. unmittelbar vor der Tür stand. Es war Donnerstagnachmittag, der 14.10., 15.00 Uhr, als ich plötzlich merkte: uhh, das wird aber jetzt knapp!
Zwar habe ich schon einmal (Ihr erinnert Euch vielleicht) ein Slotcar innerhalb eines Tages gebaut, aber keins, wo ich auch das Chassis erst „bauen“ musste.
Um es vorweg zu sagen: nein, es ist keine gute Idee, solange zu zuwarten.
Ich habe es zwar geschafft, das Car zumindest rennfertig zu bekommen – die weitere Detaillierung kann später noch in Ruhe aerfolgen – aber es war so stressig, wie schon lange nicht mehr. Eine Fotodokumentation des Bauprozesses stand aus verständlichen Gründen diesmal auch nicht im Lastenheft.
Wenn so wenig Zeit ist, passieren leider ganz schnell Flüchtigkeitsfehler, die einen unglaublich zurückwerfen können.
Aber von Anfang an.
Der Komplettbau eines neuen Chassis verbot sich von vorneherein aus Zeitmangel, daher greife ich auf vorhandene Lagerware zurück: ein Penelope Pitlane-Chassis muss es tun. Ich habe die hier ja schon ein paar Mal gezeigt. Es sind diese Chassis, die aus einer fotogätzten Platte „zusammengefaltet“ werden.
Eine Versteifung durch in den Fugen angebrachtes Lötzinn hat sich als sinnvoll erwiesen. Dabei sollte man aber nicht den Fehler machen, das rückwärtige Motorhalteblech mit zu verlöten. Dann kann der Motor nämlich nicht mehr in seine Aussparung gedrückt werden, es sei denn – zusätzlicher Arbeitsschritt – man fräst das Motorgehäuse ein Stück weit aus. Natürlich weiß ich das, habe die Dinger ja schon unzählige Male zusammengesteckt. Und doch
geht das dann schon mal mit diesem Fehler los und der Zeitplan kommt bereits zum ersten Mal ins Wanken….
Zum Glück geht der weitere Chassisaufbau problemlos vonstatten.
Vorne als Vorderachsträger ein passendes Messingrohr eingelötet, hinten desgleichen Gleitlager von SRP.
Bevor ich nun an die Motorverkabelung gehe, habe ich, in meinem Zeitmanagement die Lack-Trockenzeit berücksichtigend, mich zuerst der Karosse gewidmet. Der in die Karosse mit eingegossene Fahrereinsatz von der Art „Ertrinkender in schwarzem Tümpel“ muss weichen und wird ausgefräst. Die verschiedenen Be- und Entlüftungsöffnungen der Karo bleiben dagegen diesmal unangetastet. Etwas schwarze Farbe tut es auch.
Schnell, schnell. Reinigen und entfetten mit Seifenwasser, Zahnbürste und Bremsenreiniger, wir können diesmal keinen Ärger bei der Lackierung gebrauchen! (Den Satz könnt Ihr Euch schonmal für gleich merken…). Grundierung drauf, ablüften lassen.
Mit dem Chassis weiter. Der Motor sollte ein 9er-Messing-Ritzel bekommen. Das Ritzel ist da, das Aufpresswerkzeug hängt aber nicht an seinem Platz. Warum hängt es da nicht? Und wo ist es dann? Wer meinen Arbeitstisch kennt, der weiß, dass Suche, besonders unter Zeitdruck, hier nur schlecht bis gar nicht möglich ist (Den Satz könnt Ihr Euch schonmal für gleich merken…). Nach gefühlt endloser Suche an das Werkzeug an unmöglicher Stelle gefunden. Pffhh! Ritzel ist auf der Motorwelle, Motor ist eingebaut.
Jetzt die Achsdistanzen aus einem Messingrohr sägen. Mess-Schieber. ELEKTRONISCHER Mess-Schieber, der „analoge“ ist irgendwo in der Garage. Warum ist da die Batterie leer, vor vier Wochen ging er doch noch? Irgendwo habe ich aber noch eine neue Knopfzelle. Aber wo? Ich hatte welche, ganz sicher. Aber warum sind die nicht in der Schachtel mit den anderen Knopfzellen? Muss ich wirklich los, um neue zu kaufen? Doch, da! Da sind sie, der schmale Streifen hat sich aus Bosheit unter den anderen Blisterpacks versteckt. Batterie ausgetauscht, und los gehts mit den Achsdistanzen.
Räder, Reifen, alles auf Lager. Leitkiel auch da, Kabel waren am Motor zum Glück schon dran.
Reifen vorsichtig schleifen, die PP-Gummireifen mögen das nicht! Ruhig, Brauner. Wenn etwas schadet, dann ist es Hetze beim Reifenschleifen. Überhaupt muss jetzt erst einmal der Decklack auf die Karo. Also weitermachen mit dem Schleifen der Grundierung, das soll möglichst über Nacht trocknen können.
Und wieder einmal das alte Übel alter Betta Classic-Karossen: unter der dünnen Oberfläche ähnelten diese oft (ich weiß nicht, ob das aktuell immer noch so ist) von der Struktur her einem Schwamm mit Poren von mikro bis stecknadelkopfgroß und größer. Na, ja, Ihr ahnt es schon. Vorsichtig angeschliffen und es brechen, natürlich an best sichtbarer Stelle (Oberseite der Karo) die Mikroporen auf. Also mit Poren-Wischfüller von Standox die Mikroporen aufgefüllt und – gewartet. Also weiter mit den Reifen. Stresspegel steigt. Nach dem Reifenschleifen ist der Tag dann auch fast vorbei. Doch, ich bekomme vor den energischen Rufen meiner Angebeteten -“Gute Nacht“- doch noch den Decklack drauf. Zum Glück blieb es nach Schleifen des Poren-Füllers unter der Oberfläche ruhig. So, die Karo kann jetzt also immerhin über Nacht trocknen.
Am nächsten Morgen erst einmal die Räder ans Chassis, den Leitkiel eingebaut, die Kabel mit den Schleifern verbunden, alles geprüft und gerichtet, Test auf meiner Bahn: Chassis läuft!
Nun also weiter mit der Karo. Die grüne Nase! Unter den vielen Farben jeglicher Art erfüllt nur ein einziger, glänzender Lack in einem Töpfchen der Marke Humbrol im Vergleich mit dem Foto des Originals meinen Anspruch. Ein recht altes Töpchen. Tja, für Arbeit unter Zeitdruck ist die Verwendung eines solchen Lackes vor allem eins: ein Fehler.
Mit Pinsel auf die Karo aufgetragen, schön, sehr schön, der Farbton! Nur leider auch nach einer Stunde noch patschenaß. Habt Ihr Euch den ersten Satz oben gemerkt?
Stresspegel steigt.
Inzwischen den neuen Fahrereinsatz (hatte ich mal selbst für einen Porsche 787 vor Jahren in Resine gegossen) bearbeitet und vorsichtig, um bloß nicht an die nasse Farbe an der Karo-Nase zu kommen, eingepasst. Angemalt und auf den Heizkörper und weiter angemalt und wieder auf den Heizkörper und so weiter, bis die unterschiedlichen Farben alle drauf waren. Das Gleiche mit dem Fahrerkopf.
Jetzt muss aber das Masking-Tape von der Nase wieder runter, verflixt nochmal, es soll ja weitergehen!
Sch…, der Lack ist immer noch zu nass, die Kante wird unsauber. So geht’s nicht, der Lack muss trocken sein, sonst kann ich nicht weiterarbeiten. Heißluftfön. Stress pur. Darf nicht zu heiß werden! Abkühlen lassen, Probe: Lack immer noch zu nass. Wieder gefönt. Und nochmal. Und in der Zwischenzeit die Scheibe ausgeschnitten, GUT beiseite gelegt! Und nochmal gefönt. Endlich, der Lack ist griffest.
Jetzt aber fix den Fahrereinsatz in die Karo geklebt. 2K-Kleber. In der Eile leider etwas zuviel Kleber verwendet, quillt zwischen Cockpitöffnung und Fahrereinsatz geraus.
Das geht nicht, da muss ja die Scheibe noch rein!
Also mit spitzer Sonde den Überschuss entlang des Cockpits herausgekratzt. Schnell, darf ja nicht vorher fest werden! Mit einer Hand den Fahrereinsatz von unten festgehalten, in der anderen die Sonde. Was passiert? Die Sonde zieht einen dünnen Faden von 2K-Kleber, der sich ganz in aller Ruhe einmal längs auf die Karo legt! Neiiiiin! An dieser Stelle wäre in den Sprechblasen eines Comic immer wüster Zeichensalat…
Der silberne Decklack ist zwar schon fest, da geht die Entfernung des Klebers mit etwas Waschbenzin gut, aber auf der gerade eben grifffesten Nase? Keine Chance. Na gut, dann wenigstens die etwas unsaubere Kante des grünen Lacks vorsichtig mit feinem Schmirgel begradigen. Leider ist ausgerechnet hier die silberfarbene Decklackschicht zu dünn und ehe ich michs versehe, bis auf die Grundierung durch. O.K., ein Problem, das ich später lösen muss. Wann später? Egal, irgendwann später!
Fahrereinsatz drin, Fahrerkopf auch. Jetzt die Decals. Die Startnummern sind beim Vorbild größer als die weißen „Roundels“, auf denen sie aufgebracht sind. Habe ich das im Sortiment? Ja, habe ich, dem Himmel sei Dank. Die Roundels sind aber schon etwas älter. Die Verarbeitung erweist sich als mehr als problematisch, denn selbst auf der fast flachen vorderen Haube ist der Einsatz von Unmengen Decal-Softener nötig, geschweige denn an der mehrfach geschwungenen Motorhaube hinten. Und natürlich: immer auf die noch nicht ganz trockene grüne Nase aufpassen!
Gut, endlich alles geklappt, Decals abgehakt.
Der zwischenzeitliche Blick auf die Uhr lässt mich fast irre werden.
Jetzt die Scheibe! Seit ich den von claus empfohlenen UHU-Bastelkleber verwende, ist das zum Glück kein Horror-Job mehr. Die Scheibe eingepasst, jetzt kann ich sie festkleben. Doch Halt! Da ist noch eine Ecke am Fahrereinsatz die noch einen Tupfer schwarze Farbe braucht, sonst komme ich da hinterher nicht mehr dran. Ich greife zum schwarzen Edding, einmal getupft, Edding weggestellt. Jetzt die Scheibe. Ja, die lag doch gerade noch da! Wo ist sie? Weg! Habt Ihr Euch den zweiten Satz oben gemerkt? Zwanzig Minuten später die Erkenntnis: die Scheibe muss in dem schwarzen Loch verschwunden sein, das sich unter meinem Basteltisch befindet und das, meistens völlig zur Unzeit, verschwundene Gegenstände auch mal wieder ausspuckt. Heute ist leider nicht so ein Tag, ich hätte ja darauf gewartet, aber die Scheibe bleibt verschwunden. Es hilft nur, die Scheibe freihand neu zu fertigen, da ich die Vorlage des Bausatzes diesmal aus Zeitmangel nicht mit Gips ausgegossen hatte, so also auch keinen Gipsstempel zum Tiefziehen einer neuen Scheibe besitze. Das Thema Zeitplan habe ich ab jetzt gedanklich nicht einmal mehr angefasst, es muss jetzt einfach immer weiter gehen, immer weiter gehen.
Erst jetzt kann ich den Befestigungszapfen für die Verbindung zwischen Karo und Chassis anfertigen, denn das Befestigungsloch im Chassis sitzt direkt unter dem vorderen Teil des Fahrereinsatzes. Ein Stück Messingrohr passend abgelängt und ein Stück Kabel mit Sekundenkleber eingeklebt. Soll das nicht eigentlich nur die Kabelisolierung sein, die man einklebt? Egal, die feine Litze kriege ich schon hinterher heraus gezogen. Ja, denkste, weder gutes Zureden noch rohe Gewalt helfen, die blöden Kupferfäden sitzen fest, wahrscheinlich ist von oben her Sekundenkleber zwischen die feinen Fäden gelaufen.
Gut, schieben wir diesen Arbeitsschritt ganz ans Ende, denn mittlerweile ist es spät geworden. Ziemlich spät.
Da ist ja noch die Frage des angeschliffenen Lacks hinter der grünen Nase zu klären. Nachlackieren? Mit Silber? Keine Chance, das unsichtbar hinzubekommen. Also: eine 0,4mm breite schwarze Zierlinie (aus dem Elektronikbedarf, aus der Zeit, wo Leute ihre Platinen noch selber geätzt haben…) um die Nase geklebt, Problem gelöst.
Jetzt gilt es gut zu überlegen, in welcher Reihenfolge die letzten Arbeitsschritte ablaufen sollen! Doch erst den Befestigungszapfen neu gefertigt, diesmal die Kabelisolierung OHNE Litze eingeklebt, wie sich das gehört. Die Karo darauf angepasst.
Jetzt den Versiegler (Bodenglänzer), den ich anstelle des Klarlacks verwende, aufgebracht. Da! Eins der Porschewappen löst sich, bleibt am Pinsel hängen, ich merke es erst, als ich den Pinsel erneut in das Töpfchen mit dem Versiegler eintauche. Die Flüssigkeit ist milchig, das Porschewappen ist: weg! Habe ich noch eins in der passenden Größe? Nein. Im töpchen mit zunehmender Verzweiflung herumgerührt. Bleibt verschwunden! Also den Versiegler vorsichtig zurück in die Flasche gegossen, wie ein Luchs aufgepasst, dass das Abziehbild nicht mit zurückflutscht. Da ist es ja! Zum Glück kann man das dann gut direkt mit der Versieglerflüssigkeit aufkleben. Andrücken, bombenfest! Da kann ich dann gleich nochmal mit Versiegler drüber gehen, passiert nichts.
Eine Viertelstunde beiseite gestellt, auf die Heizung. Es ist inzwischen Nacht. „Ja, Schatz, ich komme gleich!! Jaa doch!“ Aber zuerst noch die Felgeneinsätze (sehr schöne von George Turner Models) in die Alufelgen geklebt (Pattex Repair, bleibt leicht flexibel) und angemalt. Lackiert hatte ich sie schon in silber mit der Karo zusammen. Und dann nochmal 2K-Kleber angerührt und Karo und Chassis verhochzeitet. So kann das über Nacht in Ruhe aushärten. „Bin schon da, Schatz!“ Puh!
Und die Moral von der Geschicht? Prokrastinieren lohnt sich nicht!
Zur Belohnung für alle, die bis hierher gelesen haben, jetzt noch die Fotos (direkt nach dem Rennen aufgenommen):
Im Rennen ging der Porsche schon ganz gut und lief im Mittelfeld ein. Da ist noch Luft nach oben, genauso bei der Detaillierung. Rückspiegel und Aufhängungsattrappen sowie eine besser detaillierte Auspuffanlage. Aber das nun gaaanz in Ruhe….
Gruß, Taffy