W188 H.R.
Nachdem ich mit meiner „Satire“ über den R4 (unbeabsichtigt) etwas für Missklang gesorgt hatte und dazu aufgefordert wurde, doch mal zu zeigen, was ICH unter Scratch Building verstehe, anbei die Katze, die ich eigentlich erst nach Vollendung aus dem Sack lassen wollte.
Anmerkung: Ich habe vorher NIE mit Resine gearbeitet, mit dem Gravieren von Fugen (teilweise OK, teilweise muss ich noch nacharbeiten) auch Neuland betreten. Was mich aber nicht davon abhielt, Dinge auszuprobieren und notfalls das dritte Mal in Angriff zu nehmen. „Bange machen“ gilt halt nicht. Und - wer „scratcht“, muss leiden können.
Was ich hier so kurz wie möglich betituliert habe (W188 H.R.), entpuppt sich weiterhin als langwierige Angelegenheit, deren Ende noch nicht absehbar ist.
Der Reihe nach. Diese Idee habe ich bereits in 1:18 (Metall) relativ weit beendet. Dann stieß ich auf das 300SC Cabrio (W188) von A2M (Resine). Dieser Werkstoff, mit dem ich vorher ja nie gearbeitet hatte. Versuch macht klug! Zudem ist es das einzige 1:32 Modell am Markt. Auswahl hatte ich also keine.
Gesagt, gekauft. In Händen, war ich etwas desillusioniert. Hatte ich nun Resine gekauft oder mit Rosinen gehandelt? Auf dem Grill thronte ein fetter Resine-Pickel, der da überhaupt nicht hingehörte. Erinnerte mich an eine Boxernase. Gut 2mm über Haubenhöhe erreichte die Spitze dieses „Mount Resine“. Die Grillkontur war durch einen "Bergrutsch" gleich mit verschüttet worden.
Schon leicht angesäuert inspizierte ich mein „Sondermodell“ dann ganz genau. Da war die Form während des Gusses wohl etwas zur Seite verschoben worden. Der Grill saß nicht mittig. Auf der Fahrerseite ein Versatz „Grill zu Haube“ von ca. 1mm. An der Beifahrertür auch ein Versatz von fast 1mm. Die Andeutung eines Grillgitters suchte ich vergebens. Und in die prall gefüllten „Scheinwerfer“ hätte sich jedes Froschmännchen verliebt.
Da stand ich nun, ich armer Tor. Mein erstes Resine Modell - und dann gleich dieses Teil! Doch damit nicht genug. „Irgendwie“ erschien mir dieser Harz Roller von Anfang an etwas zu kurz geraten zu sein. Etwas? 1:32? Da fehlte jede Menge. Umgerechnet ergab sich eine Länge von 4.10 Metern. Der 300SC ist aber um die 5 Meter lang. Mittlerweile schon völlig genervt, schoss mir die Aussage „das bitte nicht auch noch“ durch den Kopf. Doch!!!
Womit wir wieder am Anfang der Reihe wären. Was tun mit diesem gestauchten, unförmigen Stück? Als schweren (wörtlich zu nehmen) Fehlkauf in die Tonne treten (Frustkompensation)? Oder die Herausforderung annehmen und auf „Teufel komm raus“ scratchen?
Chronologie eines noch nicht beendeten Resine Scratches am einstmals schlechten „Deckel“ eines 300SC von A2M (ich warne vor):
1. Gussfehler beseitigt (diverse).
2. Material abgetragen, wo möglich. Teilweise bis zum völligen „Durchblick“. Löcher stopfen war dann auch noch angesagt.
3. Grill ausgefräst.
4. Scheinwerfer ausgefräst.
5. Karosserie 2-fach (A2M - Nomen est Omen?) zersägt.
a) mitten durch die Türen
und
b) mitten durch die hinteren Kotflügel.
c) Dach zersägt.
6. Stoßstangen, Zierleisten, Blinker etc. weggeschliffen.
7. Konturen der vorderen Kotflügel denen des Originals nachempfunden - das stimmte auch nicht. Vor den Scheinwerfern macht der Kotflügel beim Original einen Bogen nach unten, verläuft NICHT gerade.
8. Scheinwerfer nach unten gesetzt. Was nötig wurde durch die Änderung des Kotflügelverlaufes. Und jetzt wiederum dem Original entspricht (das Scheinwerferglas sitzt höhenmittig zum Grill).
9. Durchmesser der Scheinwerfer minimal verkleinert.
10. Karosserie auf Länge gebracht (Polistyrol eingesetzt), verklebt, verspachtelt, „geschnitzt“, geschliffen.
11. Dach verlängert, Dachform geändert (hatte ein geschlossenes Cabrioverdeck!!), neue A-Säulen angebracht. Heckscheibenform komplett geändert. Hinteren Winkel der B-Säule geändert (bringt mehr Dynamik). Ein Top Chop ergab sich durch die geänderten Proportionen von ganz alleine. Ohne die Höhe zu ändern, wirkt das Dach jetzt flacher. Eine Änderung diesbezüglich gab es dennoch: Die leichte Steigung hin zur Windschutzscheibe wurde eliminiert. Das stört mich genauso wie Autos, die ab Werk „bergauf“ fahren – also hinten tiefer liegen als vorne. Der T-Bird von Carrera ist dafür ein Paradebeispiel.
12. Dach 2 – kompletter Eigenbau. Warum Dach 2? Das erste hatte sich nach sehr viel Feinschliff (und Arbeit) dazu entschieden, sich von der Karosserie zu lösen – sprich „zu brechen“. Dann eben noch mal von vorne. Die Arbeit daran – siehe unter Punkt 11!
13. Form der hinteren Radläufe geändert (zwangsläufig, durch das Teilen der Karosserie). Hintere Kotflügel verbreitert (die Rache des Sidewinder Chassis - grrrr).
14. Kofferraumhabe abgeschliffen. Deren „Krümmung“ entsprach wiederum nicht der des Originals. Außerdem saß sie knapp 1mm zu hoch – Versatz nach oben zum Bereich davor. Das ganze war etwas heikel wegen der Gravuren. Die musste ich mehrfach nachziehen. Und vermeiden, in die runde Form eine „Delle“ zu schleifen.
15. Front- und Heckpartie neu gestaltet.
16. Untere Türfugen komplett nachgezogen und begradigt (Thema Gussfehler).
17. Grillgitter geformt und die passende Unterkonstruktion gebaut. Das Gitter ist sehr dünn und anfällig für Beulen. Um dies zu vermeiden, musste ich "unterfüttern".
18. Frontscheibe. Stammt vom Roadrunner - auf Pass geschliffen.
19. Scheinwerfergläser auf Pass geschliffen. Stammen von einem 1:24 Bausatz mit Doppelscheinwerfern.
20. Chassis: Porsche 917 von FLY. Konturen des Chassis denen der Karosserie angepasst (die Karosserie sitzt AUF dem Chassis!). Vorderachse nach vorne verlegt. Die Felgen stammen vom FLY GT1 (die mit der Goldkante). Der Felgenstern erhielt einen Metal Cote Überzug von Humbrol.
21. Habe ich - bis hierher - auch wirklich nichts vergessen -
? Allmählich verliere ich nämlich den Überblick…………….
Die Tür erscheint auf den ersten Blick sehr lang. Was auf einer optischen Täuschung beruht, die durch die nach wie vor zu kurze Haube hervorgerufen wird. Die Tür hat exakt die gleiche Länge wie die des Roadrunner von Carrera. Auch noch die Haube zu verlängern war mir „too much“. Dann hätte ich gleich eine eigene Form bauen können. Der Gesamteindruck ist jetzt aber weitaus schlüssiger als vorher - perfekt natürlich nicht. Wie auch?
Zur Idee. Der 300SC (W188) wird als das luxuriöseste deutsche Fahrzeug der 50er Jahre bezeichnet. Niemand käme auf die Idee, daraus einen Hot Rod zu bauen. Außer mir vielleicht. Bei einem Kaufpreis (Original) jenseits der 200.000 Euro sollte man sich diesen Schritt auch wahrlich überlegen -
.
Um die Idee eines 300SC Hot Rod zu verwirklichen, mussten sämtliche zeitgenössischen Anbauteile entfernt werden, damit die traumhaft schönen Linien weitaus besser zur Geltung kommen. Der 50er-Jahre „Tand“ lenkt da nur ab. Insbesondere diese viel zu großen Scheinwerferringe und die hässlichen Frontblinker.
Puristen werden jetzt vielleicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder dem Herzinfarkt nahe sein. Mich interessiert das ÜBERHAUPT nicht. Ich baue, was MIR gefällt - getreu meinem Leitspruch „dare to be different“. Merke: Es wird nichts so hot gegessen, wie es “geroddet“ wird. Verändert habe ich ja gar nicht viel – nur entfernt. Die Farbwahl wird ganz nach Art des Hauses Daimler Benz ausfallen - dezent. Wer mag schon gummibereifte Kasperbuden?
Gruß,
Rodweiler
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